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Raue Zeiten für das Oktoberfest

November 2020

Die Zeiten sind hart unter dem Eindruck von Covid-19, was zur Absage des diesjährigen berühmten Oktoberfestes in München geführt hat und einer weiteren (Teil-)Niederlage in Bezug auf die Anmeldung der Wortmarke „Oktoberfest“ als Unionsmarke (Nr. 15535008).

„Oktoberfest“ beschreibt direkt ein „Fest im Monat Oktober“, erklärte das EUIPO, was durch die jüngste Entscheidung der Beschwerdekammer bestätigt wurde. Die Marke wurde jedoch für die meisten so genannten „Merchandising-Waren“ wie Kosmetika, Bekleidung, Druckerzeugnisse und Spiele sowie für eine Reihe von Dienstleistungen, die nicht mit dem Angebot von Speisen und Getränken zusammenhängen, zur Eintragung zugelassen, darunter Hoteldienstleistungen, Telekommunikation, Marketing und Reisedienstleistungen.

Aber das Wichtigste zuerst:

Was 1810 als Pferderennen zu Ehren der Hochzeit von Prinzregent Ludwig von Bayern begann und 1819 in ein Bierfest überging, hat sich zum größten Volksfest der Welt mit hohem Bierkonsum entwickelt.

Im Jahr 2016 – ziemlich spät, wie man vermuten darf – hat die Stadt München eine Wortmarke „Oktoberfest“ angemeldet, um ihr kultiges Fest vor Nachahmern zu schützen. Die Marke wurde für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen angemeldet, unter anderem natürlich für die „Veranstaltung von Messen und Festen (Unterhaltung)“ in Klasse 41. Der Anmeldung wurde die Eintragung verweigert.

Die Entscheidung des EUIPO

Während die Wortmarke „Oktoberfest-Bier“ im Namen des Verbandes der Münchner Brauereien für – Biere – als Kollektivmarke und aufgrund Verkehrsdurchsetzung eingetragen ist, hat das Amt die Anmeldung einer Wortmarke durch die Stadt München in einem der nach Angaben des Amtes bisher umfangreichsten Fälle absoluter Eintragungshindernisse beanstandet. Die Stadt München hatte mehrmals die Möglichkeit, dem Amt Unterlagen vorzulegen.

In seiner Entscheidung im Jahr 2019 stellte das EUIPO fest, dass das Zeichen keine Unterscheidungskraft besitzt und für einen Großteil der angemeldeten Waren und Dienstleistungen beschreibend ist, insbesondere für Dienstleistungen im Zusammenhang mit Messen in Klasse 41, aber auch für die meisten Waren, die für Merchandising verwendet werden könnten. Da das Wort „Oktoberfest“ ein deutsches Wort ist, konzentrierte sich der Prüfer auf den deutschsprachigen Teil der Europäischen Union, nämlich Deutschland und Österreich. Angesichts der großen Zahl der eingereichten Unterlagen wurden diejenigen für Österreich eingehend geprüft.

Die Entscheidung stützte sich nicht nur auf die Beanstandungen des Amtes, sondern auch auf eine Reihe von Bemerkungen Dritter. Diese Bemerkungen bezogen sich auf die Tatsache, dass es eine große Anzahl von Oktoberfesten auf der ganzen Welt gibt (insgesamt 2054) und dass der Begriff „Oktoberfest“ daher sowohl Feste im Monat Oktober im Allgemeinen als auch den Ort, an dem das Fest stattfindet und die Waren gekauft werden können, beschreibt.

Darüber hinaus konnte die Stadt München die Verkehrsdurchsetzung der Marke in mehrfacher Hinsicht nicht nachweisen, insbesondere weil die vorgelegte Umfrage eine Reihe von methodischen Fehlern enthielt und sich auf Festbesucher und nicht auf die allgemeine Bevölkerung konzentrierte. Unabhängig von diesen Fehlern lag der Bekanntheitsgrad und die Assoziation von „Oktoberfest“ mit der Stadt München bei nur 36% und der Prüfer verlangte eine Bekanntheit von über 50%.

Die Berufung[1]

Die Stadt München legte gegen diese Entscheidung Beschwerde bei der Beschwerdekammer ein.

Die Kammer musste diese Angelegenheit genau zu dem Zeitpunkt entscheiden, als Großveranstaltungen, an denen Hunderte von Menschen teilnahmen, wegen der Pandemie von den Regierungen verboten wurden. Die Kammer betonte jedoch, dass dies keinen Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung hatte.

Die Kammer stimmte mit der Prüfungsabteilung des EUIPO darin überein, dass der Begriff „Oktoberfest“ für ein im Oktober stattfindendes Volksfest beschreibend ist und auch von vielen anderen Veranstaltern von Bierfesten verwendet wird. Sie war jedoch mit der Bewertung der von der Stadt München vorgelegten Beweise nicht einverstanden; obwohl es in ganz Deutschland und Österreich eine Reihe anderer Volksfeste gibt, gab es keine Beweise dafür, dass die Verbraucher davon ausgehen würden, dass die Stadt München auch der Veranstalter dieser Feste ist, wie es beim Oktoberfest München der Fall ist.

Sie hob daher die Entscheidung des EUIPO weitgehend auf, hielt aber die Beanstandungen für die Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Speisen und Getränken (in den Klassen 41 und 43) sowie für die damit verbundenen Speisen und Getränke selbst in den Klassen 29, 30, 32 und 33 aufrecht.

Abschließend erklärte die Kammer, dass die Stadt München Schutz für den Begriff „Oktoberfest“ für verschiedene Merchandising-Waren genießt und daher gegen Nachahmer vorgehen kann, die versuchen, das attraktive Zeichen auszunutzen. Die Veranstaltung des kultigen Festes „Oktoberfest“ selbst bleibt jedoch ungeschützt.

Die Stadt München scheint sich nicht so leicht geschlagen zu geben, denn aus jüngsten Presseartikeln geht hervor, dass sie weiter kämpfen und die Entscheidung der Kammer vor dem Gericht der Europäischen Union anfechten wird. Außerdem hat sie am 7. Oktober 2020 zwei neue EU-Marken angemeldet: „Münchner Oktoberfest“ und „Oktoberfest München“ und es wird interessant sein zu sehen, wie sich diese Fälle entwickeln.

Prost!

UPDATE VON 09/2023:
Da das Oktoberfest in München gerade auf Hochtouren angelaufen ist, liefern wir hier ein Update zur markenrechtlichen Seite des Ereignisses. Die Europäische Unionsmarke Nr. 15535008 „Oktoberfest“, welche wie berichtet für eine umfangreiche Liste an Waren und Dienstleistungen eingetragen worden ist, wurde erneut angegriffen. Eine nicht näher bezeichnete dritte Partei reichte einen Löschungsantrag ein.
Jetzt wurde eine erste Entscheidung durch das EUIPO veröffentlicht, die der Marke den Schutz für Glaswaren, wie Biergläser, und Bekleidung, Schuhwerk und Kopfbedeckungen versagte. Das Amt war dabei überzeugt davon, dass „Biergläser und Bierbecher auf dem relevanten Markt von vielen verschiedenen Unternehmen vertrieben [werden], die einen Oktoberfest Stil haben, d.h. die Art von Gläsern oder Krügen, mit denen Bier auf dem Oktoberfest serviert wird.“ In ähnlicher Weise argumentierte das Amt, dass sehr viele verschiedene Unternehmen Bekleidung, Schuhwerk und Kopfbedeckungen verkaufen würden, die einen „Oktoberfest-Stil“ haben, d.h. entweder traditionell Bayrisch oder im „Party Stil“.
Auch wenn aus der Entscheidung nicht klar wird, was genau mit „Oktoberfest Stil“ oder „Party Stil“ gemeint ist, scheint dies auf einer Linie mit der aktuellen Europäischen Rechtsprechung zu sein.
Der weitergehende Löschungsantrag, dass die Marke von der Stadt München bösgläubig angemeldet worden sei, wurde vom Amt zurückgewiesen.

Es bleibt allerdings spannend, denn der Löschungsantragsteller hat Beschwerde gegen diese Entscheidung des EUIPO eingelegt.

 

[1] R 1840/2019-4

 

Dieser Artikel wurde von HGF Rechtsanwältin Olivia Petter verfasst.

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